„Leben teilen“ ist das Leitwort des 102. Deutschen Katholikentags, der vom 24. bis 29. Mai 2022 in Stuttgart stattfand. Mehr als 20.000 Präsenzgäste kamen in die Metropole. 1200 ehrenamtliche Helfer engagierten sich bei über 1100 Veranstaltungen. Der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart Dr. Gebhard Fürst wollte mit dem Katholikentag 2022 ein „sehr starkes Zeichen gegen den Krieg“ in der Ukraine setzen. Während der Auftakt-Pressekonferenz begrüßte er die Pressevertreter:innen mit „Herzlich Willkommen im Martinsland“ und unterstrich, dass das diesjährige Leitwort des Katholikentags „Leben teilen“ auf den Heiligen Martin von Tours zurückgehe, der im Jahr 340 in Amiens seinen Mantel teilte. BWI-MEDIA hat Bischof Gebhard Fürst nach dem Leitwort des Katholikentags und zur Hermeneutik des Teilens befragt.
Herr Bischof Fürst, das „Martinsland“ wird häufig als Geberland wahrgenommen, aber auch der Mission bedürftig. Ist das Motto so verstanden, dass nur das Geberland gibt oder ist Teilen ein Geben und ein Nehmen?
Es ist ein Prozess der gegenseitigen Unterstützung. Wenn wir, wenn ich persönlich in die Diözesen gehe, in denen wir sozusagen als Geberland mit großer Dankbarkeit empfangen werden, dann erlebe ich die Menschen dort in einer Religiosität, in einer Freude, in einer Spontanität, in ihrer Liturgie, wo ich immer nur sage: Das wünsche ich mir, dass wir ein Stück davon auch übernehmen können. Wenn ich in diesen Kirchen, in diesen Diözesen bin, und das so erlebe, dann komme ich immer mit verwandelten Augen hier her und schaue unsere Kirche an, die zwar sehr reich ist, aber irgendwo an dieser Spontanität, an dieser Glaubensfreude schon auch etwas leidet. Es ist ein Geben und ein Nehmen. So verstehe ich auch unsere Weltkirchenkontakte.
Welche Akzente, welche Impulse erhoffen Sie sich, die von der Ortskirche Rottenburg-Stuttgart auf den innerdeutschen Katholizismus ausgehen?
Wir sind die Diözese, Köln auch, die die meisten internationalen, innerkirchlichen Projekte hat, mit viel viel Geld, aber natürlich auch mit viel Manpower. Wir schicken auch sogenannte Fide-in-totum-Priester in die Weltkirche, wobei das auch zurückgeht, weil wir immer weniger Priester haben. Da würde ich mir wünschen, dass, wenn man den „Schwerpunkt Weltkirche“ auf dem Karlsplatz sieht, dass man sich da vielleicht auch das ein oder andere abschaut, wie man es machen kann. Wir profitieren von unserem Konzilsbischof Carl-Joseph-Leiprecht, der neben einem argentinischen Bischof saß in der Konzilsaula. Und der hat immer vor sich hin gemurmelt. Und da ist sein Name gefallen. Der von Carl-Joseph-Leiprecht. Der sagte: „Sanctum Carlum Borromeo“. Und dann hat er gefragt, was er damit meint: „Ja, er bittet den Bischof, den Heiligen Karl Borromäus, den Namenspatron des Bischofs von Rottenburg, dass er ihn erleuchte, dass er ihm doch heilige Priester schicke“. Aus dieser ersten Impulsbegegnung ist dann eine ganz lebendige Beziehung geworden, zu so vielen, achtzig Diözesen, Ländern weltweit. Das wollen wir weiterführen. Wenn wir das zeigen dürfen, ist das auch eine Bestärkung für uns.