Während der Corona-Pandemie ist der aus dem indischen Bundesstaat Telangana stammende katholische Priester Rajani Reddy zum Kunstmaler geworden – eine erste Ausstellung verbindet biblische Darstellungen, Wahrnehmungen von Natur und Leben und ist Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte.
Rajani Y. Reddy hat nie Kunst gelernt oder studiert. Aufgewachsen in Mattampally im indischen Telangana, studierte Reddy Theologie und trat dem Orden des Hl. Franz von Sales bei. Seit 2017 lebt der indische Missionspriester in Zellingen und unterstützt das Seelsorgeteam der Pfarreiengemeinschaften Retztal und der Frankenapostel.
Während der Vernissage sprach Dr. Jürgen Emmert, Leiter des Kunstreferates im Bistum Würzburg, davon, dass sich Künstler-sein und Priester-sein gut ergänzten. Emmert verwies auf den hl. Apostel Lukas, ein Mann des Wortes und ein Mann des Pinsels. „Bilder sind immer ein Ort des Heiligen, die mehr als Worte das Heilige ausdrücken, denn Bilder sind unmittelbar, sie drücken Gefühle aus, sie sagen viel über den Menschen aus, der hinter den Bildern steht.“ Emmert lobte den indischen Pater, dass er sich auch mit der deutschen Geschichte auseinandersetze. „Bilder schreiben nichts vor, Bilder können auch Medizin und Heilmittel sein, Bilder geben Ihnen Heimat in Deutschland“, sagte Emmert. Pater Reddy käme bei seinen Erkundungen in Deutschland ein Außenblick zu. Es sei eine priesterliche Aufgabe, die Details, die Dinge, die klein sind, großzumachen und Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, so Emmert.
Während der Corona-Pandemie begann Pater Reddy mit dem Malen. Seine farb-starken Bilder erzählen biblische Geschichten, zeigen Natur und Leben, wie er sie in Franken wahrnimmt. Entstanden sind Zeugnisse seines Glaubens und seiner indischen Herkunft. Zu sehen ist beispielsweise das Bild eines Pharisäers oder Zöllners, der in der Erfahrung seiner eigenen Sündhaftigkeit und der Gnade Gottes bekennt „Herr, ich bin nicht würdig“. Ein Bild zeigt die purpurrote Schnur am Fenster Rahabs (Jos 2), ein anderes die weinenden Töchter Jerusalems oder die trinitarischen Aspekte von Lieben und Teilen. Wanderungen im Retztal und zur Benediktushöhe haben Pater Reddy inspiriert, die Schönheit der Natur wahrzunehmen und zu malen: Weinberge, Trauben, Kuh mit Kalb, Jahreszeiten. „Es gäbe immer eine Hoffnung, dass Gott hinter dem Sturm meines Lebens da ist“, kommentiert der Pater ein Bild, welches einen Blattgold-Sturm vor grün-schwarzem Hintergrund zeigt.
Domkapitular Albin Krämer, der Pfarrer in Zellingen, wurde auf die Bilder aufmerksam und nutzte sie für seine Predigten während der Karwoche, indem er sie an die Wand projizierte oder in Livestream-Gottesdiensten einsetzte. 20-30 Bilder verschenkte Pater Reddy bereits bei Seelsorge-Besuchen – im Gegenzug bekam er von den Gläubigen Farben und Leinwände. Insgesamt seien die Bilder Ausdruck von dem, was Pater Reddy sieht und was er in Deutschland bereits erfahren habe. Mehr als zwölf Mal hat der indische Pater zudem die Gedenkstätten Buchenwald, einmal die Gedenkstätte Dachau besichtigt – auch diese Besuche finden ihren Ausdruck in seinen Bildern: „Sobald man die Geschichte vergisst, neigt man dazu, sie zu wiederholen“, sagt der Doktorand der Politischen Theologie an der Universität Würzburg. Das Gegenteil von Liebe sei nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit, so Pater Reddy, überzeugt, dass es für den Triumph des Bösen reiche, wenn die Guten nichts tun.
Rajani Reddys Bilder können weiterhin nicht nur angeschaut, sondern auch erworben oder in Auftrag gegeben werden. Der Erlös kommt einer Wasseranlage in der Pfarrei Shabad in Indien zugute, die Pater Reddys Ordensbrüder leiten.

P. Reddy, einhundertvierzig Besucher hat Ihre erste Ausstellung angezogen. Was bedeutet Ihnen diese Ausstellung?
Es ist sehr berührend. Ich bin sehr gut angenommen in der Gemeinschaft. Viele Freunde und Ehrenamtliche haben sich enthusiastisch am Aufbau beteiligt. Die Menschen bringen Kuchen und Süßigkeiten. Wer bin ich, all diese Sachen zu bekommen? Ich freue mich, dass ich zeigen kann, was ich fühle. Es ist Ausdruck meiner Selbst.
Welche Künstler haben Sie inspiriert?
Maqbul Fida Husain, der Jesuit Jyoti Sahi und mein Onkel. Jeder in meiner Familie kann etwas malen. Meine Mutter malt jeden Morgen Colams mit Reispulver. Das sieht sehr gut aus und ist Speise für die Ameisen. Auch die Warli-Malerei hat mich inspiriert. Es ist eine Kunst, die von den Stammesvölkern in Maharashtra geschaffen wurde. Dort werden diese Figuren auf die Lehmhütten gemalt, um die Wände zu verschönern. Ich liebe bunt. Mich inspirieren auch die Jahreszeiten, wie ich sie hier in Deutschland erlebe.
Was können Sie mir zur religiösen Komponente in Ihrer Kunst sagen? Haben Sie auch ein missionarisches Interesse mit der Ausstellung?
Ich bin Priester. Das Bild „Launch into the deep“ zeigt die Fische, die Petrus auf die Worte Jesu fängt, nachdem er die ganze Nacht nichts gefangen hat. Ich will wissen, was die Menschen bewegt. Was hat uns die Geschichte zu sagen und was kann uns die Zukunft geben?
Sie promovieren seit 2017 in Politischer Theologie an der Universität Würzburg. Wie nehmen Sie als katholischer Priester aus Indien die Licht- und Schattenseiten der Geschichte Deutschlands wahr?
In meiner Kunst reflektiere ich politische, religiöse und geografische Themen. Gerade besuche ich die Vorlesungen zur 1000-jährigen Geschichte des Judentums in Unterfranken von Prof. Wolfgang Weiß. Als Christen die Synagogen zerstörten, setzten sie die „reine Magd“ auf den zerstörten Platz der Synagoge. Ich lerne gerne Geschichte – nicht emotionslos aber ich lerne gerne. Ich bin zwölf Mal in Buchenwald gewesen wegen meiner Dissertation. Wir sind in Indien abhängig von vielen Sachen. Hier in Deutschland habe ich die Freiheit. Manche sagen, Regeln machen uns unfrei. Doch die erste Regel ist: Genieß die Freiheit. Nach so vielen Besuchen in Buchenwald schätze ich die Freiheit sehr hoch.
Was erhoffen Sie sich von Ihrer ersten Ausstellung?
Es ist eine Freude für mich, dass viele Freunde kommen und die Bilder sehen. Ich arbeite in der Pfarrgemeinde. Wir sind fünf im Seelsorge-Team. Wenn sie sagen „Reddy, wir kommen gerne“, dann freut mich das. Auch wenn ich kein großer Künstler bin, freue ich mich über das Interesse.